Luca Fiorina: «Das Konzept FOOTURO trägt Früchte»

08.02.2022 15:48

Luca Fiorina: «Das Konzept FOOTURO trägt Früchte»

Laut einer Studie des Centre International d’Etude du Sport (CIES) in Neuenburg gehören drei Schweizer U-21-Nationalspieler, die in der Credit Suisse Super League tätig sind, zu den grössten Talenten ausserhalb der europäischen Top-5-Ligen. Luca Fiorina, Leiter «Talent Management» im Schweizerischen Fussballverband, erklärt, weshalb es keine Überraschung ist, dass Fabian Rieder, Becir Omeragic und Leonidas Stergiou zum illustren Kreis gehören.

Luca Fiorina, Sie sind Verantwortlicher Talent Management beim SFV. Wie ist Ihre Rolle definiert?

Der Zentralvorstand hat vor ungefähr zwei Jahren entschieden, dem Talentmanagement eine höhere Bedeutung zu schenken und hat mir den Auftrag erteilt, das SFV-Talentmanagement zu professionalisieren. Meine wohl wichtigste Tätigkeit im Rahmen des Fördergefässes FOOTURO ist es, die grössten Talente ab der Stufe U-16 individuell zu begleiten und mit der Unterstützung der Vereine noch gezielter zu fördern. Damit dies erfolgreich umgesetzt werden kann, braucht es ein Netz von Spezialisten, welches wir in unseren Partnerschaften in der Rolle des Talentmanagers haben. Mit den jeweiligen Talentmanagern arbeite ich also an verschiedenen Projekten, denn jeder Spieler ist ein ganz spezielles Projekt.

Kann man also sagen, dass Konzepte wie FOOTURO, das Programm zur individuellen Förderung der talentiertesten Spieler, im SFV Früchte tragen?

Ja, ich bin davon überzeugt. Das Förderprogramm FOOTURO gibt es seit mehr als 15 Jahren. Wir haben im letzten Jahr die eine oder andere Anpassung vorgenommen. Im Grundsatz bleibt die Idee aber dieselbe; während die Clubs Spieler für ihre Fanionteams ausbilden, wollen wir die Talentiertesten unter ihnen ins A-Nationalteam führen. Dafür braucht es individualisierte Lösungen und eine professionelle Begleitung. Viele unserer A-Nationalspieler haben das Fördergefäss FOOTURO durchlaufen und konnten unter anderem auch dank den verschiedenen FOOTURO-Aktivitäten ihr Potenzial maximieren.

Was genau geschieht mit den FOOTURO-Spielern?

In Zusammenarbeit mit dem jeweiligen Verein erstellen wir für jeden Spieler eine professionelle Karriereplanung, welche von einem Stärken-/Schwächen-Profil ausgeht und Ziele und Massnahmen vorsieht. Auch wenn es im Sport nicht immer einfach ist, versuchen wir die verschiedenen Etappen zu planen, wobei wir alles unternehmen, damit der Spieler sein Potenzial möglichst optimal ausschöpft. Damit die einzelnen Schritte individualisiert werden können, brauchen wir eine hervorragend funktionierende Zusammenarbeit mit den Vereinen, die langjährige Erfahrung unserer Wissenschaftler des BASPO in Magglingen und ein Expertenteam, welches sich regelmässig mit diesen Talenten auseinandersetzt. Schliesslich geht es darum, unsere Talente auf dem Weg zum Profi-Fussballer optimal zu begleiten. Dabei sieht nicht jeder Weg gleich aus.

Mit Fabian Rieder vom BSC Young Boys, Becir Omeragic vom FC Zürich und Leonidas Stergiou vom FC St. Gallen 1879 gehören drei Schweizer zu den grössten Talenten Europas. Wie wirkt das auf Sie?

Dass es genau diese drei Spieler auf ihren Positionen in die Top-Plätze der Studie geschafft haben, überrascht uns nicht. Alle drei haben sich in den letzten Jahren dank ihrer Arbeitsethik, ihrem Willen und ihrem Einsatz sehr gut entwickelt und mit ihren Leistungen in den Nationalteams und ihren Clubs Werbung in eigener Sache gemacht. Alle drei sind im FOOTURO-Förderprogramm, was uns sehr stolz macht. Sie wissen aber auch, dass der Weg weiterhin steil ist. Ich wünsche ihnen, dass sie den Durchbruch definitiv schaffen und bald für das A-Nationalteam debütieren können. Wobei Becir Omeragic schon Einsätze im A-Team hatte.

Wie steht es um die Zukunft des A-Nationalteams? Wie sieht es bei der U-21 und den anderen Nachwuchsauswahlen des SFV aus?

Wir alle freuen uns über die Erfolge unserer Teams. Was die A-Nationalteams der Männer und Frauen in den letzten Jahren geleistet haben, kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Auch die U-21 von Mauro Lustrinelli ist äusserst erfolgreich, was mich sehr freut und aufzeigt, dass wir vieles bereits richtig machen. Sie alle sind die Lokomotive für unsere Fussballnation. Wir müssen aber verstehen, dass die Erfolge nur dann langfristig möglich sind, wenn wir nachhaltig Top-Talente ausbilden. Je mehr aussergewöhnliche Talente wir ausbilden, desto mehr Erfolge werden unsere Nationalteams auch in Zukunft feiern können. Damit es so weit kommt, müssen wir in vielen Bereichen unsere Denkweise ändern. Wir alle wollen den Erfolg, auch in den untersten Junioren-Nationalteams. Allerdings nutzen uns diese Erfolge wenig, wenn wir danach keine Spieler ins A-Nationalteam integrieren. Deshalb wollen wir mit FOOTURO nicht nur die aktuell, sondern auch die zukünftig Besten fördern. Dafür braucht es Weitsicht und den Mut, auch einmal falsch zu liegen.

ÜBER FOOTURO und FOOTURA:

Es war im Februar 2004, als der Schweizerische Fussballverband den Begriff «FOOTURO» erstmals konkret einsetzte. Im Hinblick auf die EURO 2008 sollte eine Spielergeneration reifen, für deren beste Talente wesentlich mehr Aufwand betrieben wird als dies bis dahin für die Nachwuchsnationalspieler der Fall gewesen war. Vater des Projektes «FOOTURO 08» war der damalige Technische Direktor des SFV, Hansruedi Hasler. Der Schweizer Nachwuchs war 2002 in Dänemark sensationell U-17-Europameister geworden, die U-21 erreichte im gleichen Jahr an der EM im eigenen Land den Halbfinal. Analog zu FOOTURO haben auch die Frauen ihr eigenes Fördergefäss. Mit FOOTURA sollen auch bei den Frauen die grössten Talente frühzeitig erkannt, erfasst und entwickelt werden können.

(SFV)